Comparis.ch - Hohe Preise für Strom und Gas befeuern die Teuerung
22.02.2023, Die gefühlte Inflation ist in der Schweiz im Januar gegenüber dem Vorjahresmonat um 3,8 Prozent gestiegen. Sie lag damit deutlich über dem Jahresdurchschnitt 2022 des Comparis- Konsumentenpreisindex* von 3,5 Prozent – und auch höher als der offiziell ausgewiesene Landesindex der Konsumentenpreise (LIK). Massiv teurer wurden Strom und Energie zum Heizen, insbesondere Gas. «Der sprunghafte Anstieg der Inflation zeigt, dass die Preise auch 2023 weiter steigen werden», sagt Comparis-Finanzexperte Michael Kuhn.
Der Comparis-Konsumentenpreisindex in Zusammenarbeit mit der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH misst die gefühlte Inflation der Konsumentinnen und Konsumenten. Dazu wird ausschliesslich die Preisentwicklung von regelmässig konsumierten Gütern wie zum Beispiel Lebensmitteln, Medikamenten oder Kleidung betrachtet. Die Teuerungsrate wird um inflationsdämpfende Faktoren wie Mieten oder andere dauerhafte Güter bereinigt.
Laut dem Comparis-Konsumentenpreisindex sind im Januar 2023 die Preise für Alltagsgüter in der Schweiz im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,8 Prozent gestiegen. Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) stieg um 3,3 Prozent. Gegenüber Dezember 2022 sind die Preise im Schweizer Comparis- Warenkorb um 0,9 Prozentpunkte gestiegen (LIK: plus 0,5 Prozentpunkte).
Hoher Anstieg im Januar
Getrieben wurde der Anstieg vor allem durch die markante Erhöhung der Strompreise sowie aufgrund höherer Nahrungsmittelpreise, besonders bei Brot, Mehl und Getreideprodukten. Aber selbst die Preise der übrigen Nahrungsmittel legten auf breiter Front zu. Auch wenn sich zum Beispiel die Preise für Treibstoff in den letzten Monaten wieder rückläufig entwickelten, konnte der weitere Anstieg der Inflation dadurch nicht gebremst werden.
«Mit der starken Erhöhung der Strompreise ist die Inflation bei einem grossen Teil der Bevölkerung noch stärker ins Bewusstsein gerückt. Auch wenn sich die Teuerung im Jahresverlauf wieder leicht zurückbilden sollte, wird sie uns noch eine ganze Zeit beschäftigen», erklärt Comparis-Finanzexperte Michael Kuhn.
Schweiz nach wie vor eine Teuerungsinsel
Der Blick über die Landesgrenze hinaus zeigt: Im Vergleich zum Vorjahresmonat war die Teuerung in der Schweiz tiefer als in der Eurozone. Gemäss Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, sind die Preise in diesem Zeitraum in den Euroländern um 9,3 Prozent gestiegen (gesamte EU: plus 10,6 Prozent). Im Januar lag die Inflationsrate bei minus 0,4 Prozent (gesamte EU: minus 0,2 Prozent).
Für das gesamte Jahr wird mit einer Inflation von rund 6,1 Prozent im Euroraum und 7 Prozent in der EU gerechnet. In der Schweiz geht das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) von einer Teuerung in der Höhe von 2,2 Prozent für das laufende Jahr aus. «Im langjährigen Vergleich wird die Inflation in der Schweiz damit hoch bleiben, aber deutlich tiefer sein als in den meisten Ländern Europas», so Kuhn.
Strom wurde um ein Viertel teurer
Verglichen mit dem Vormonat ist der Strompreis am stärksten gestiegen, nämlich um 25,5 Prozent. Aktuell liegt er so hoch wie noch nie in den letzten 20 Jahren. Gemäss der Eidgenössischen Elektrizitätskommission bezahlt ein typischer Haushalt 2023 knapp 27 Rappen pro Kilowattstunde. Das entspricht einer Zunahme von 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
«Viele Stromunternehmen in der Schweiz kaufen einen Grossteil der Elektrizität im europäischen Grosshandel ein. Diese Preise sind deutlich gestiegen. Dazu beigetragen haben die unterdurchschnittlichen AKW-Laufzeiten in Frankreich sowie in ganz Europa gestiegene Kosten für Gas, Kohle und CO2-Zertifikate», so der Comparis-Experte.
Stärkster Preisanstieg gegenüber Vorjahresmonat
Wer im vergangenen Monat Geld für den Luftverkehr ausgegeben hat, musste deutlich tiefer ins Portemonnaie greifen als noch vor einem Jahr. Der Preis stieg um 39,8 Prozent. Kein anderes Produkt hat sich gemäss der Comparis-Analyse im Vorjahresvergleich stärker verteuert.
Gestiegen sind auch die Preise für Energie zum Heizen (Gas, Heizöl, Brennholz und Fernwärme), nämlich um 31,8 Prozent. Das ist Rang 2 in der Teuerungshitparade. Der Preisanstieg für Elektrizität (plus 25,5 Prozent) war der drittstärkste. Auf Rang 4 und 5 folgen Zucker und Margarine, Speisefette und -öle mit plus 15,6 Prozent bzw. 14,4 Prozent.
«Beim Zucker spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Die heimischen Zuckerrüben haben aufgrund der Witterung einen tieferen Zuckergehalt. Das führt zu einem tieferen Ertrag. Zudem verteuerten höhere Energiekosten die Zuckerproduktion», so Kuhn. «Auch in der EU haben sich aufgrund der sinkenden Anbaufläche und geringerer Ernte die Zuckerpreise deutlich erhöht.»
Stärkste Preisanstiege seit 20 Jahren
Am stärksten hat sich in den vergangenen 20 Jahren Energie zum Heizen (Gas, Heizöl, Brennholz und Fernwärme) verteuert. Der Preis ist seit Januar 2003 durchschnittlich um 191,6 Prozent gestiegen.
Auf Rang 2 und 3 der Langzeit-Teuerungs-Top-5 liegen Zigaretten sowie Zeitungen und Zeitschriften mit plus 83,6 Prozent bzw. plus 68,0 Prozent.
Auch andere Tabakwaren (plus 65,4 Prozent) und finanzielle Dienstleistungen (plus 55,7 Prozent) wurden deutlich teurer für Konsumentinnen und Konsumenten.
Höchste Teuerung bei kinderlosen Paaren ab 65 Jahren
Die höchste Teuerung erlebten in den letzten 12 Monaten Paare ab 65 Jahren ohne Kinder. Sie fühlen aktuell eine Teuerungsrate von 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Auch im Januar wurde für sie das Leben verglichen mit dem Vormonat noch einmal teurer, um 0,8 Prozent.
Rein rechnerisch spüren nach Haushaltstyp Einelternhaushalte prozentual am wenigsten. Mit einem Indexstand von 104,7 hat die gefühlte Teuerung bei ihnen in den letzten 12 Monaten 3,6 Prozent betragen. «Während Paare ohne Kinder in der Regel mehr Geld zur Verfügung haben, um in grösseren Wohnungen zu leben und zu reisen, fehlt den Alleinerziehenden dieses Geld oft. Sie spüren die Teuerung rechnerisch weniger, da sie sich viele vom Preisanstieg betroffenen Güter und Dienstleistungen ohnehin nicht oder nur in geringeren Mengen leisten können», so Kuhn.
Stärkste Inflation bei den wenig Verdienenden
Betrachtet man das Einkommen, hat sich das Leben im Vergleich zum Vorjahr für die tiefste Einkommensklasse am stärksten verteuert. Der Konsumentenpreisindex ist für diese Klasse um 3,9 Prozent gestiegen. Im Januar lag die Teuerung bei plus 1,0 Prozent.
Am schwächsten von der Teuerung betroffen war die mittlere bis hohe Einkommensklasse. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Preise für sie um 3,7 Prozent gestiegen. Im vergangenen Monat wurde der Konsum für die mittlere bis hohe Einkommensklasse um 0,5 Prozent teurer.
Teuerung in der italienischen Schweiz bleibt am höchsten
Unterteilt nach Sprachregionen ergibt sich folgendes Bild: Die italienische Schweiz verzeichnete mit plus 3,9 Prozent die höchste Teuerung im Vergleich zum Vorjahr. Im Januar stieg das Preisniveau um 0,6 Prozent.
Die vergleichsweise tiefste Teuerung gegenüber dem Vorjahr hatten die deutsche und die rätoromanische Schweiz mit plus 3,8 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat wurde dort das Leben im Januar um 0,6 Prozent teurer.
Stärkste Preisrückgänge gegenüber Vorjahresmonat
Vor 12 Monaten bezahlten Konsumierende für Speichermedien und Inhalte wohl mehr als im Januar 2023. Gemäss der Comparis-Analyse sind die Preise im Vorjahresvergleich um 3,9 Prozent gesunken. Am zweitstärksten vergünstigten sich die Preise von anderen Gesundheitsleistungen, sie lagen 3,6 Prozent tiefer als noch im Januar 2022.
Weiter gesunken sind die Preise auch für Telekommunikation (minus 3,1 Prozent), Dienstleistungen für Versorgung und Unterhalt der Wohnung (minus 2,9 Prozent) sowie Kinderbekleidung (minus 2,7 Prozent).
*Comparis-Konsumentenpreisindex
Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) misst Preisveränderungen anhand eines repräsentativen Warenkorbs von rund 1'050 Waren und Dienstleistungen. Eine anhaltende Abnahme des Geldwertes bzw. eine Erhöhung des durchschnittlichen Preisniveaus bezeichnet dabei die Inflation. Der LIK umfasst 12 Hauptkategorien, darunter auch langfristige Investitionen und Wohnungsmieten. Grosse Ausgabenposten, wie etwa die Prämien für die Sozialversicherungen oder die direkten Steuern, sind demgegenüber nicht erfasst. Der LIK widerspiegelt somit nicht die tatsächlich gefühlte Teuerung der Konsumentinnen und Konsumenten.
Der Comparis-Konsumentenpreisindex in Zusammenarbeit mit der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH bildet die gefühlte Inflation ab, indem er die LIK-Daten um Mieten und dauerhafte Güter wie Personenwagen und Möbel bereinigt. Zudem werden explizit einzelne Haushaltsgruppen, Einkommensklassen und Sprachregionen berücksichtigt.
Die Datengrundlage für den Comparis-Konsumentenpreisindex besteht aus
dem Landesindex der Konsumentenpreise (
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Michael Kuhn
Consumer-Finance-Experte
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